Einer der Höhepunkte in Vera Chytilovás Filmografie ist das groteske moralische Tausendschönchen (1966). Die surrealistische Erzählung über ein junges Frauenpaar, das beschließt, so verdorben zu sein wie die Welt um sie herum, entspringt keiner konkreten sozio-politischen Realität. Dadurch hat die bissige Abrechnung mit Konformität, kleinbürgerlicher Engstirnigkeit und den Grenzen von Unbeschwertheit zeitlose Qualitäten. Tausendschönchen markierte den Beginn von Chytilovás Zusammenarbeit mit Ester Krumbachová, die zu den exzentrischen Kostümen und dem Drehbuch beitrug. Die collagenartige bildliche Komponente bot schließlich dem Kameramann Jaroslav Kucera großen Raum zum Experimentieren. Der Film ist bis heute ein originelles Juwel des Tschechischen Kinos der 1960er Jahre, das die damaligen kommunistischen Funktionäre erzürnte.
Die vielleicht innovativste Regisseurin der Tschechoslowakischen Neuen Welle der 1960er Jahre, Věra Chytilová, wurde am 2. Februar 1929 in Ostrava geboren. Während sie im Studio Barrandov als Clapper Girl arbeitete, wurde sie an der Prager Filmhochschule FAMU aufgenommen. In den Jahren 1957-1962 studierte sie Regie bei dem erfahrenen tschechischen Filmregisseur Otakar Vávra. In ihrer Ausbildung wurde sie sichtlich von Dokumentarfilmen des Cinéma vérité und formalistischen modernen europäischen Filmen beeinflusst. Dies gilt auch für ihren ersten Spielfilm, Von etwas anderem (1963), in dem das Leben einer echten Turnerin mit der fiktiven Geschichte einer Hausfrau verwoben wird. Am bekanntesten ist Chytilová wohl für ihren zweiten Film, die dadaistische, surrealistische und feministische Hymne an die schöpferische Phantasie Tausendschönchen (1966). Nach der sowjetischen Invasion 1968 durfte sie einige Jahre lang keine Spielfilme mehr drehen. Dann kehrte sie mit der bissigen Sittenkomödie Ein bisschen schwanger (1976) zurück. Ihre Satire über die soziale Realität der sozialistischen Gesellschaft mit dem Titel Geschichte der Wände (1979) war so provokant, dass sie nur in den Außenbezirken von Prag zu sehen war. Nach dem Sturz des kommunistischen Regimes drehte Chytilová zahlreiche eindringliche Dokumentarfilme und vier weitere Spielfilme, in denen sie den Kapitalismus persiflierte und ihre immer noch starke moralische Haltung zum Ausdruck brachte. Věra Chytilová starb im Alter von 85 Jahren am 12. März 2014 in Prag.
Source: https://www.filmovyprehled.cz/en/person/1555/vera-chytilova
30. September 2022 um 20:00 Uhr
DirectorVěra Chytilová Year1966Length76'LanguageTschechoslowakeiOriginal TitleSedmikrásky
WriterVěra Chytilová, Ester Krumbachová, Pavel JuráčeCastJitka Cerhová, Ivana Karbanová, Julius Albert, Jan Klusák, Marie Češková, Marcela Březinová, Jiřina Myšková, Oldřich Hora, Václav ChocholaDoPJaroslav Kučera EditingMiroslav Hájek MusicJiří Šust, Jiří Šlitr
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